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Kunst aus dem Baumarkt: Imi Knoebel in der Sammlung Goetz Sep 30, 2022

2022.09. 14. Julie Metzdorf

 

Kunst aus dem Baumarkt: Imi Knoebel in der Sammlung Goetz

Interviews gibt er nicht, aber das ist auch nicht nötig: Der Beuys-Schüler Imi Knoebel ist ein international gefragter Künstler. Bekannt ist der 81-Jährige für farbenfrohe Lattenbilder. Die Münchner Sammlung Goetz zeigt nun auch unbekanntere Werke.

 

Eine Hartfaserplatte. 2,15 m hoch, 1,70 m breit, die Oberfläche leicht lasiert – sonst nichts: keine Farbe, keine Zeichnung, nicht geritzt und nicht beklebt. Minimal Art vom Feinsten, noch minimaler als das schwarze Quadrat von Kasimir Malewitsch, der 1915 die Abkehr vom klassischen Altarbild eingeleitet hatte, dafür aber immerhin noch einen leinwandbespannten Keilrahmen und Farbe benötigte. Imi Knoebel braucht für seine Neuinterpretation der "Idee Bild" nur ein Stück Baumarktmaterial. Zu Kunst wird die Platte durch ihre Anbringung: Dank eines kräftigen Unterbaus liegt sie 10 Zentimeter vor der Wand. Es ist dieses Heraustreten aus der Wand, dieses vertikale Podest, das aus dem Baumarktmaterial ein Bild macht. "Er hat von Anfang an – wie viele seiner Kommilitonen in der Beuys-Klasse – versucht, sich von diesem althergebrachten Kunstbegriff und dem klassischen Tafelbild zu lösen und da eben verschiedene Wege gesucht, wie man das machen kann", sagt Karsten Löckemann, Kurator der Ausstellung in der Sammlung Goetz. "Zum einen spielt die Materialität eine große Rolle, Leinwand kommt ziemlich selten zum Einsatz, anfangs in den 60ern ein bisschen, er ist dann aber schnell dazu übergegangen mit Hartfaserplatten und später dann mit Aluminium zu experimentieren."

 

Bilder über Bilder

Imi Knoebels Bilder waren und sind nichts Anderes als Reflexionen über Bilder. Da sind die ungewöhnlichen Formate: Von einem Rechteck als Grundform ist bei ihm oft kaum noch was übrig, stattdessen sind die Bilder rautenförmig oder 5-, 6-, 7-eckig, manchmal fast sternförmig. Das Bild selbst kann auch mal mit orangefarbener Rostschutzfarbe gestrichen sein. Es bleibt ein Bild. Oder die Farbfeldkompositionen, für die Knoebel so bekannt ist: übereinander geschichtete Aluminiumlatten in verschiedenen Farben, pudriges Rosa neben strahlendem Gelb, Schwarz oder Mintgrün. Das erinnert an die Farbstudien eines Johannes Itten und die Kompositionen eines Piet Mondrian und geht doch weit darüber hinaus. Durch die übereinanderliegenden Latten gewinnen die Bilder nicht nur optisch, sondern ganz real an Tiefe, die Überschneidungen werfen Schatten, die groben Schnittkanten offenbaren die Machart, nehmen dem Werk alles Mystische, Geheimnisvolle – und sind doch große Kunst.

 

Imi Knoebel sprengt die Grenzen traditioneller Tafelmalerei

Knoebels Bilder sprengen die Grenzen dessen, was die meisten Menschen noch heute gemeinhin unter einem Bild verstehen. Aber er sprengt den Rahmen hier mit alten Mitteln: mit Pinsel und Farbe. "Er bleibt bei den Farben und – bedauerlicherweise ist das auf Abbildungen ganz schlecht zu sehen –, da denkt man bei Knoebel immer nur an die geometrische Form, an die Platten. Aber wenn Sie genau hingucken, es ist immer noch der Pinselstrich zu sehen, er könnte das ja auch spritzen, dass das gleichförmiger wirkt, es ist aber immer eine gewisse Dynamik und ein malerischer Moment in den Arbeiten drin und das darf man einfach nicht vergessen."

 

Bildrechte: VG BILD-KUNST Bonn, 2022 /foto: Johannes Haslinger

 

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Blick in die Austellung "Imi Knoebel" in der Sammlung Goetz in München.

Bildrechte: VG BILD-KUNST Bonn, 2022 /foto: Johannes Haslinger

 

 

 

Über 40 Arbeiten von Imi Knoebel aus allen Schaffensphasen sind zu sehen, und das ist noch nicht alles. Im unterirdischen Bereich der Sammlung Goetz ist eine weitere Künstlerin zu entdecken: Barbara Kasten. Gleiche Generation, anderer Kontext: Die 86-jährige US-Amerikanerin komponiert ihre Bilder ebenfalls aus Farben, Licht und Geometrie. Und auch sie kommt auf ganz neue Wegen zu ihren Bildern: Aus Spiegeln, farbigen Plexiglasplatten, Metallstangen und Pendeln konstruiert sie in ihrem Studio komplexe Räume, Bühnenbilder, die selbst zum Hauptdarsteller werden. Man könnte das Installationen nennen, aber Barbara Kasten macht ein Foto davon. Oder aber sie inszeniert und fotografiert echte Orte mit Treppen, Säulen, schicken Geländern und prächtigen Decken mithilfe riesiger Spiegel und Scheinwerfern zu Arrangements mit so harten Brüchen, dass das Gefühl für das Oben und Unten, ihren Maßstab und Sinn dieser Räume völlig verlorengeht. Die Bilder wirken am Ende wie computergenerierte Collagen. Fotografiert wurde aber an echten Orten: in den Eingangshallen amerikanischer Banken. So macht das Chaos auf den Bildern dann doch wieder Sinn.

 

Imi Knoebel und Barbara Kasten in der Sammlung Goetz in München: 15. September bis 29. April 2023.

 

Farbenprächtige Plexiglasarbeiten von Barbara Kasten

Farbenprächtige Plexiglasarbeiten von Barbara Kasten in der Sammlung Goetz

Bildrechte: Barbara Kasten / Foto: Johannes Haslinger

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